Wenn sich der syrische Pater Jacques Mourad auf den Weg in das nahegelegene Krankenhaus macht, ist es jedes Mal ein qualvoller Gang. Nur wenige Meter kann er am Stück zurücklegen, dann muss er, nach Luft ringend, Minuten lang inne halten. Pater Jacques ist noch keine fünfzig Jahre alt, doch sein Körper ist verbraucht. Krieg, Geiselnahme, Folter haben seine Seele schwer gezeichnet. Und dennoch hadert er nicht mit seinem Schicksal. Vielmehr als das eigene Leid, hat er tagtäglich die Bilder aus seinem Heimatland Syrien im Kopf; die Zerstörung, das Leid und der allgegenwärtige Tod. „Es ist eine der schlimmsten Erfahrungen, wenn man das Leiden Anderer sieht. Da vergisst man die eigene Not. Wenn wir leiden, wenn wir sehen, wie ein geliebter Mensch Trauer oder Schmerz empfindet, wie soll es Gott dabei ergehen?“
Im Mai 2015 von Dschihadisten aus dem syrischen Kloster Mar Elian verschleppt, verbrachte Pater Jacques Mourad 84 Tage in einem Verließ in der IS Hochburg Rakka. Ständigen Todesdrohungen und Scheinexekutionen ausgesetzt, sollte er nicht freiwillig zum Islam konvertieren, überlebte er die psychische Folter nur durch seinen christlichen Glauben und die Hinwendung zum Gebet. Mehrfaches Auspeitschen und noch schlimmere physische Misshandlungen haben jedoch auch an seinem Körper grausame Spuren hinterlassen.
Dass ihn seine Peiniger nicht töteten, verdanke er einzig dem Umstand, so Pater Jacques, dass er sich über 15 Jahre lang intensivst für den interreligiösen Dialog eingesetzt habe und sich in dem andauernden syrischen Bürgerkrieg nicht nur um seine christliche Gemeinde, sondern gleichermaßen um muslimische Flüchtlinge kümmerte. Und dass interreligiöser Dialog für Pater Jacques nicht nur hehre Worte, sondern gelebte Nächstenliebe ist, beweist der Umstand, dass es ausgerechnet Muslime waren, die ihm zur Flucht aus seiner IS Gefangenschaft verhalfen.
Seelisch gezeichnet und gesundheitlich angeschlagen, wird der Priester derzeit an einem verborgenen Ort medizinisch betreut. In einer leerstehenden Kirche untergebracht, hält er via Telefon und Internet Kontakt zu seiner Gemeinde, von denen nunmehr viele als Flüchtlinge in aller Welt verstreut leben.